Montag, 18. Dezember 2006
Begegnungen -
Ich bin in diesen Tagen von Freude und Leid erfüllt - hinter mir liegt eines der aufregendsten Wochenenenden in Lyon!!! Ich habe gefeiert, gelacht, getanzt und viele neue und interessante Menschen kennengelernt - es ist wirklich eine menge passiert ---

wo fang ich nur an zu erzählen!?

Ah ich weiß, am besten mit dem Freitag. Es ist Mitternacht. Die Haustür springt auf und das schon längst von der allnächtlichen Stille erfüllte Haus wird von einer wildschnatternden Meute aus zehn Jugendlichen gestürmt. Alia ist da und mit ihr Freunde und Verwandte. Nach Rauch stinken sie. Die Band La Ruda hat sie gerade kräftig durchgeschüttelt. Man betritt die Küche, lässt sich nieder, macht sich bekannt. "Lukas, ce sont Arno, Alice, Benoit et sa petite copine Anne-Charlotte!" Interessierte Blicke - das sind sie also, die lange Zeit angekündigten und nur aus Erzählungen gekannten Kinder Etiennes. Nett sind sie alle. Man redet deutsch, englisch und französisch - am besten in einem Satz. Mit Alkohol und Shisha sitzt man bis vier in der Küche und tauscht sich aus. Dann werden die Augen schwer und der Drang ins Bett zu gehen immer größer. Morgen muss ich früh raus und irgendwie zum Bahnhof Part Dieu im noch unerkundeten Ostteil Lyons gelangen. Anton wird da aus dem Zug steigen, um mich noch einmal wiederzusehen. Aber nun erstmal schlafen.

Der nächste Morgen begann mit einer altbekannten Nachricht - die Busfahrer streikten mal wieder. Zum 132145 mal seitdem ich in Lyon bin. Wie also in die Stadt gelangen? Die Anderen scherzten noch, ich könne ja zu Fuß gehen. Was sich nicht wissen konnten - ich tat es. Drei Stunden und neun Kilometer Fußmarsch durch Neubau und Hochhausplattenbauschluchten später war ich am Ziel angekommen - Man ist das hässlich hier. Ein kommerzieles Zentrum wie es im Buche steht. Anton wartete bereits auf mich vor dem Bahnhof Part Dieu. Fünf Minuten später saßen wir - unglaublich aber wahr- im Bus, der uns zum Bahnhof Perrache brachte. Von hier sollte es endlich nach Hause gehen. Als wir dort mal wieder auf den Bus warteten fanden wir uns mir nichts, dir nichts zwischen einer Gruppe Marokkaner und Algerier wieder. Ich hatte Angst. Die Situation sah übel aus - zwei gegen sieben. Was also machen!? Am besten mitspielen und sich auf den etwas anderen Kulturaustausch einlassen schien die beste Lösung zu sein. Nach fünf Minuten hatten wir das "Brain" der Gruppe ausfindig gemacht und verwickelten ihn in eine Unterhaltung. Interessiert an den USA war er ja - "Sind die Bordelle in Amerika besser als in Frankreich?" oder "Konnte man das Snoop Dogg Konzert aus Lyon in Amerika im Fernsehen sehen?". Ich lachte mir ins Fäustchen - Ein Opfer der Medien wie es im Buche stand, eingesperrt in der Beschränktheit seiner sozialen und finaziellen Schicht. Immerhin konnte ich ihm eine nützliche Information entlocken. Er verriet mir nämlich, warum die Busfahrer am laufenden Band streiken: Es gibt da so Menschen, die das System im Bus bei einem Haltewunsch nicht ganz verstanden haben. Denn anstatt den Stopknopf zu drücken schlagen sie lieber den Busfahrer(egal ob männlich oder weiblich) K.O., um den Bus zum stehen zu bringen. Und das ist nun leider schon einmal zu oft passiert. Als Grund gab er politische Frustration an -- naja ...
Wir sind jedenfalls nochmal davon gekommen, auch wenn uns ein Paar Amigos das ein oder andere Mal ziemlich Nahe gekommen sind.

Zu hause angekommen wartete auch schon das Abendessen auf uns - Raclette! Und zwar nich die alberne Spielzeugpfännchenversion, sondern eine original wallisische Konstruktion!
(WIKIPEDIA: Nach urtümlicher Walliser Art wird ein halber Laib von besonders feinschmelzendem Vollfettkäse (Gommer Käse) so nahe ans Feuer gelegt, dass dieser langsam zu schmelzen beginnt. Sobald der Käse schmilzt, wird etwas davon auf einen Teller abgeschabt.)
Es war so unheimlich lecker!! Wir tranken, sprachen und lachten drei Stunden lang, bis wir uns mit gefülltem Magen und bester Laune auf dem Weg nach Lyon machten!
Unser Ziel: "Elasticpop" - Eine Indieparty in irgendeiner verschrobenen Kaverne Lyons! Nachdem wir angekommen waren ging alles ganz schnell - Sachen vom Leib, Cocktail gekauft und ab auf die Tanzfläche, welche, wie sich am nächsten Morgen herausstellte, von ein paar schwulen Indies bevölkert war. Aber was solls - mit Homosexuellen kann man sowieso am ausgelassensten feiern. Die Atmosphäre war also durchaus sehr heiter und sie Musik die crème de la crème: Futureheads, babyshambles, cure -- alle luden sie zum tanzen ein. Und so feierten wir bis in den nächsten Morgen, an dem ich ausschlief und mich danach frohen Mutes der in den folgenden Stunden wohlverdienten Ruhepause hingab.

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