Montag, 5. Februar 2007
Johnny Borrell
Wenn man an der Station "Stade de Gerlande" in Lyon die Metro verlässt, findet man sich zwischen den beiden Massenmagneten, dem großen Fußballstadion Lyons und der Halle Tony Garnier wieder. Ein weiterer, aber viel kleinerer, Veranstaltungsort ist das Ninkasi Kao. In diesem hatte sich heute Abend eine Diva angekündigt - Johnny Borrell, ein weiteres Mitglied der jetzt schon legendären Libertines, aus denen auch schon die Babyshambles und die Dirty Pretty Things hervorgegangen sind. Mit seiner Band Razorlight wollte er hier und heute beweisen, dass er seinen Exbandkollegen in nichts nachsteht und mindestens genauso wichtig für die aktuelle Popkultur ist.
Eröffnet wurde der Abend in dem 300 Mann fassenden Saal von den französischen Tatianas. Die drei Mods demonstrierten eindrucksvoll, dass es momentan ausreicht Röhre und Lederjacke zu tragen und sich das Beste aus den oben genannten Vorbildern zusammen zu klauen, um jegliche Unkreativität zu kaschieren und englandophile Konsumenten restlos zu begeistern. Die Mischung stimmte sichtlich und die kreischenden und wackelnden Indiehippster gaben ihnen mehr als Recht.
Nachdem die Menge schon zum ersten Mal richtig durchgeschüttelt wurde, war es dann Zeit für die Hauptattraktion. Diese liess sich natürlich nicht lange bitten und stürmte, geführt vom Frontmann Borrell, unter tosendem Beifall die Bühne, um den ersten Hit "In the morning" in die Runde zu feuern. Es blieb nun kaum noch Zeit zum Luft holen - Golden Touch, Can't stop this feeling I've got und America überzeugten durch Albumqualität und kamen um einiges rockiger rüber als auf dem viel zu poppigklingenden und dahersäuselnden Album.
Die übrigen Bandmitglieder hüpften zwar über die Bühne und vom Schlagzeug oder posten mit ihren Gitarren, trotzdem rückte sich Borrell während des Konzertes immer mehr in den Vordergrund - zuerst flog das weiße Shirt, mit dem viel zu großen Ausschnitt(Brustbehaarung hatte er keine - scheiss Popper) in die schweissgebadete Menge, dann lud er sich selber zum Walzertanz ein, nutzte emotionale Gesten zur Textuntermalung und versaute zum krönenden Abschluss noch die Zugabe.
Es gab da nämlich eine kleine Meinungsverschiedenheit zwischen Bassist Carl Dalemo, der sich während des Auftritts wahrscheinlich ein Bier zu viel gegönnt hatte, und dem, für sein Ego inzwischen zu viel Platz brauchenden, Borrell. Letzter wischte seinem Bassisten kurzerhand Eine aus, worauf dieser die Bühne verließ.
Das Konzert schien abgebrochen, bis die Zugabe dann doch noch, nach einer versöhnenden Umarmung der beiden Streihähne, auf zwei Stücke vergrößert wurde.
Razorlight wollten sich, auch wenn nicht sehr erfolgreich, mit ihrem zweiten Album verewigen und haben es jedoch leider nur durch diese actionreichen Schlussszenen geschafft, zumindest einen unvergesslichen Konzertabend in den Köpfen des erstaunten Publikums zu hinterlassen. Unser lieber Herr Borrell besitzt eben doch nur divenähnliche Attitüde und nicht das große Musikgenie, wie es sich etwa Pete Doherty oder Carl Barat teilen.


-- Oben Ohne --


-- Razorlight --


-- The Tatianas --

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