Donnerstag, 1. März 2007
Little Britain
Ein weiterer ausverkaufter Abend im Ninkasi Kao liegt hinter mir und ich muss sagen, dass ich mal wieder sehr beeindruckt bin! In den letzten Monaten haben sich die Briten ja bereits zu genüge in Lyon die Klinke in die Hand gegeben und Kasabian aus Leceister wollten nun auch mal ran.
Um die Zeit bis zum Auftritt der fünf Briten nicht totschlagen zu müssen, verabredete ich mich mit der Australierin Sophie, die ich vor zwei Wochen kennengelernt hatte. Mit ihr teilte ich mir im Ninkasi Café eine Portion French Fries und genoß eine angenehmeKonversation über Gott und die Welt.

Und da mir eine Stärkung in solch einer Gesellschaft sehr wichtig war, verpasste ich den Großteil des Openers Jack Daniel. Dieser erfüllte mit seinem Set die Funktion einer Vorband und seine lustloswirkenden Mitmusiker, Die einer Tourkapelle. So waren ein paar hingeklatschte Hiphopbeats und ein an Mike Skinner angelehnter, aber noch lange nicht so perfekter Sprechgesang alles, was man dort neben ein paar Publikumsanimationsversuchen vom Bühnenrand für eine halbe Stunde auf die Ohren kriegte.
Gerade dieses wiederholt gezwungene Stimmungmachen und Kasabianangehimmel vom Frontmann Jack, der eine Mischung aus Robert Smith und Brian Viglione abgab, nervte nach dem zehnten Mal gewaltig, verfehlte seinen Effekt aber nicht - man wurde allmählich heiß.
Es fehlte nur noch der letzte Funke, der spätestens zu jenem Zeitpunkt übersprang, als die ersten Töne von Kasabians "Shoot the Runner" aus den Verstärkern krachten. Die Menge tobte und fand sich schnell in den, von den Alben bekannten, Soundlandschaften wieder - es waberte, zirpte und wummerte in einer Tour. Die Atmosphäre wurde dabei von einem bis an die Grenzen ausgereizten Echoeffekt in undendliche Höhen katapultiert. Auf diesen Soundwolken gebettet konnte man zuschauen, wie Kaltfront auf Warmfront prallte und sich in ein Effektgewitter entlud, wie man es sonst nur von Progcombos wie Mars Volta oder Sonic Youth vermuten würde. Es war ein Schauspiel, ja fast schon ein Kampf den sich die elektrischen Synthiesounds mit den 70er Rockriffs lieferten. Die alten und neuen Stücke ergänzten sich dabei hervorragend und ließen kaum Zeit zum Luft holen.
Aber nicht nur akustisch war diese Performance an Theatralik kaum zu übertreffen, auch die fünf Akteure - der ausgestiegene Christopher Karloff wurde durch einen Tourgitarristen "ersetzt", der mit seinen zappelnden Bewegungen und seinem Mickey Maus Tshirt ein sehr bizarres Bild abgab - boten genügend Unterhaltung.
So konnte man am rechten Bühnenrand Bassist Chris Edwards entdecken, der etwas teilnahmslos und verwirrt aussah und sich als der typische Tieftonakrobat gab.
Was die Aufmerksamkeit auf das Bühnenzentrum konzentrierte, wo sich Gitarrist Sergio Pizzorno und Sänger Tom Meighan hervorragend die Rolle des Frontmanns teilten. Pizzorno, der Schönling versus Meighan, den Indiehippster. Man wusste wirklich nicht so Recht, wer hier mehr das Bandgesicht war, verschwand Meighan sogar für zwei Stücke von der Bühne, in denen Pizzorno den Leadgesang übernahm.
Letztlich waren es die "I wanna see your hands"-Rufe und die augenzwinkernden Fingerzeige auf besonders wütige Fans, die Meighan dann doch als Frontmann identifizierten.
Und der Seitenhieb gegen Muse verfehlte seinen Zweck ebenfalls nicht und enttarrnte den so sympathisch lächelnden Meighan als das charismatische Großmaul a la Noel Gallagher, welches sich schon zu genüge durch die britische Presse gelästert hatte.
Der Abend im Ninkasi Kao schloss für die Briten die Europatournee ab und fand sein Ende in einem Killscover und dem Hit "Lost Souls Forever"!
Es gab einen stilechten Abgang und ein Bad in der Menge, die an diesem Abend nicht unüberraschend zum Großteil aus Briten bestand. Diese machten mit Abstand die beste Stimmung und klopften die lautesten Sprüche.
Kasabian haben auf ihre Weise gerockt und bewiesen, dass Britpop auch ohne Schema F funktionieren kann.


-- Kasabian 2004 --


-- Kasabian 2006 --

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