Mittwoch, 20. Juni 2007
Nachtrag: Konzert CocoRosie am 1.Juni
In Homers Odysee trafen Odysseus und seine Mannen auf eine Gruppe Sirenen, die den tapferen Abenteurern mit ihren betörend schönen Gesängen den Verstand rauben wollten.
Überträgt man diesen Teil der griechische Sage in die Moderne, drückt den Sirenen zudem noch ein paar Spielzeuge in die Hand und setzt ihnen eine Baseballcap auf die schönen Köpfe, so bekommt man ein CocoRosiekonzert 2007.
Die Geschwister Cassady kamen bisher in Punkto Zauberhaftigkeit locker an die griechischen Artgenossinen heran und verdrehten vielleicht noch besser Köpfe und Gedanken. Mit ihrem Erstlingswerk " Maison de Rêve" schafften sie sich ihr eigenes Wunderland und führten jeden der ihnen zuhörte in die Welt der springenden Einhörner und Regenbögen - weit weg von Alltag und Langeweile.
An diesem Abend wurde wieder einmal die Kinderzimmertür einen Spalt zu weit offen gelassen und gab die Möglichkeit Bianca und Cassady dabei zuzusehen, wie sie als Ghosthorse und Stillborn verkleidet durch ihr Zimmer hüpften. Dieses war gefüllt mit Spielzeug und barg Harfe, Gitarren, Bass, Kofferradio und manch andere wundersamen Instrumente.
In Beautyful Boys, Bloody Twins und Terrible Angles sangen die beiden Geschwister so unglaublich traurig, dass einem wieder diese Gefühle im Bauch emporstiegen, bei denen man am liebsten seinen Nächsten umarmen wollte, nur um ihm Trost zu geben, denn diese Melancholie trieb weit unter die Haut, bis ins Herz hinein.
Doch plötzlich kippte das Szenario - die beiden sprangen aus dem Fenster, hinein in den Hinterhof eines New Yorker Ghettos, baten ihren Beatboxmenschen Tez, lauter und treibender den Mund zu bewegen und drehten noch einmal augenzwinkernd an ihren Baseballcaps.
Promise, Animals und ihre Freunde vom neuesten Output bouncten gewaltig und ließen Arme im Takt wippen.
Absoluter Höhepunkt des Ganzen: "Japan" - glänzte, tanzte und bewies, dass die Beiden den Spagat zwischen der neuen Schwäche für HipHop und der älteren Verträumtheit beherrschen und die Verschmelzung der beiden Welten ausgezeichnet funktioniert.
CocoRosie müssen nun nicht mehr für sich alleine tanzen, während der Rest verträumt zusieht, sondern animieren zu Bewegung und Frohsinn!
Alle müssen mit -händchenhaltend nach Japan!


... link (0 Kommentare)   ... comment


Mittwoch, 13. Juni 2007
Nachtrag: Konzert Battles am 30. mai
Am Anfang war der Ton, gepresst in ein Verstärkerkabel suchte er sich seinen Weg, mal rennend, mal springend, mal piorettendrehend durch das Innere eines Peavyamps. Auch hinfallen wollte und durfte er, diente es doch im Endeffekt nur dem Zweck, gut getarnt um die Köpfe vierer Käutze zu wabern und sich seinen Weg in die Gehörgänge einer elektrisierten Menge zu bahnen, um dort zu zünden.
Battles, das sind ein Holzfäller und drei Nerds aus New York, die außer dem handelsüblichen Gebrauch von Saiteninstrumenten alles andere gelernt zu haben scheinen. Zwar geben die Gitarren hier und da noch ein paar Töne ab, ist das aber geschehen, müssen diese auf dem Rücken der Musiker platznehmen und den Bergen von Effektgeräten weichen, um die Lockenkopf Tyondai Braxton und Co beschwörend tänzeln und ihnen dabei knöpfchendrückend oder reglerdrehend die irrwitzigsten Tonkaskaden abringen.
Diese wahrhaftigen Soundgebirge bekommen dabei hier und da noch ein paar Nuancen, als sich höhepunktartig
die bis zur Unkenntlichkeit verfremdete Stimme Braxtons erhebt, die mal quietscht, sich überschlägt und sogar bis zu einem ausgewachsenen Männerchor hochgeloopt wird.
Einen weiteren Akzent bildet das in zwei Meter Höhe tronende Chrasbecken. Dieses muss im verlaufe des Konzertes ganz schön kassieren, da es von einem Mann von Amerikaner bedient wird, der mit der Wucht einer Naturgewalt auf das arme Stück Blech, wie auch auf den Rest seines Drumkits, eindrischt und dadurch sämtliche Tonabnehmer überflüssig macht.
Tony Stanier sein Name, ehemaliger Schlagzeuger von Helmet und Sessionmitglied bei Mike Patton zeigte an diesem Abend, dass er vom großen Maestro angesteckt worden ist. So konnten Battles eher in den Dunstkreis Mike Pattons eigeordnet, als in irgendwelche Alternativeschubladengesteckt werden. Sein Projekt Battles steht dem großen Bruder Fântomans in seiner soundtechnischen und visuellen Abgefahrenheit in nichts nach, setzt aber neben den facettenreichen und immer wieder aufbrausenden Soundlandschaften eher auf Groove und Tanzbarkeit.
Am Ende dürften sich die Tüftelfreunde im Jugendclub "La Renaissance" einig gewesen sein, ein grandioses Konzert miterlebt zu haben.


... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 14. Mai 2007
Der Schatten -
Da ich heut morgen im Garten saß -
Die Bäume standen in blauer Blüh,
Voll Drosselruf und Tirili -
Sah ich meinen Schatten im Gras,

Gewaltig verzerrt, ein wunderlich Tier,
Da lag wie ein böser Traum vor mir.

Und ich ging und zitterte sehr,
Indes ein Brunnen ins Blaue sang
Und purpurn eine Knospe sprang
Und das Tier ging nebenher.


von Georg Trakl




Was können wir solchen Menschen empfehlen, die ihre Aufmerksamkeit lieber auf den immer gegenwärtigen Schatten richten, als das Leben in seiner vollkommenen Schönheit zu genießen?


Sollte Flucht nicht die letzte Lösung sein?


Ist der Schatten doch ein Teil unseres Lebens, egal ob nun zurückliegende Konflikte, Ängste, Probleme oder negative Charakterzüge ---
entziehen können wir uns ihnen nicht, zu eng sind wir mit ihnen verbunden -
wir können sie akzeptieren und nach vorne schauen - denn vor uns liegt das Leben -
also gestaltet es ihr depressiven und ängstlichen Seelen -
lernt aus euren Fehlern
seid bereit euch zu ändern -
und lebt!

--- anstatt vor der Verantwortung davon zu laufen.


Ich kämpfe ebenfalls mit Vergangenem, Momentanem und Zukünftigen und versuche parallel dazu nicht den Blick für das Leben zu verlieren. Ich will mein innerstes durchleuchten und den Schatten auf eine Größe der Mittagszeit bringen -
damit ich wieder genießen kann, was es zu genießen gilt - fragt Zen und räumt endlich euren Kopf frei ---

das Leben kann so erträglich sein.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 6. Mai 2007
Frankreich den Nationalisten.
Es ist vorbei -
Heute um 20 Uhr sind sie also zu ende gegangen, die Präsidentschaftswahlen in Frankreich.
Es ist gekommen, wie es kommen musste -
eine letzte Restchance, einen Funken Hoffnung hatten wir alle noch -
aber was soll eine Frau schon gegen ein Volk aus Sexisten, Nationalisten und Konservativen groß ausrichten!?
Segolene hatte eine Idee und ein Ziel, aber leider schon von vornherein verloren -
als Frau für das Soziale trat sie gegen Mister Kärcherreiniger an
bot ihm beeindruckend die Stirn
und scheiterte dann letztendlich doch --

Die Zukunft Frankreichs liegt nun in der Hand eines zwielichtigen Zwerges, dem nicht unbedingt über den Weg zu trauen ist -
seine Ideen und Anschauungen machen mehr als Angst -
Ausländer versteckt euch, versteckt euch gut -
er wird euch finden!

-------------------------------------


Frankreich und sein Semipräsidentialsystem ist für Außenstehende schon lustig anzusehen. Man fühlt sich in Zeiten zurückversetzt, in denen in Deutschland noch der Reichspräsident gewählt wurde, als einzelne Personen und nicht etwa Parteien, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit standen. "Wie hieß die Partei des Herren Sarkozy noch gleich!?"

Begleitet von einem hysterischen Spektakel, welches "Deutschland sucht den Superstar" zehn mal in die Tasche steckt und kräftig von Fernsehen und Präsidentschaftskandidaten inszeniert wurde. Pose um Pose, Emotion um Emotion - kein Auge sollte trocken bleiben:
Paparazzi, die sich Verfolgungsjagden in den Straßen Paris liefern, Menschen, die wie in Trance den Worten der Hauptakteure folgen und in delirische Freudentaumel ausbrechen, ein Countdown, wie man ihn normalerweise vom Jahreswechsel kennt und wilde Animationen, unterlegt von dramatischer Musik


---- Zirkus Demokratie und dazu eine Tüte Popcorn


Frankreich ist die Wiege der Demokratie in Europa und besitzt im Vergleich zu Deutschland ein vollkommen überholtes und zentralisiertes Regierungssytem, in dem eine einzige Person die Möglichkeit hat, die Politik zu machen, die ihr beliebt.

Es ist angsteinflößend und man sollte aufpassen - In Frankreich haben nun die Rechten das Sagen und Le Pen ist ganz vorne mit dabei.

Gott sei dank fliehe ich bald ---------

... link (0 Kommentare)   ... comment


Donnerstag, 26. April 2007
Metamorphose -
"Willkommen meine Damen und Herren bei "Ich verwandle mich"! Unser Gast heute Abend Alan Donahue und hier ist er auch schon."
Mit diesen oder ähnlichen Worten könnte man ein Rakeskonzert auch eröffnen, denn was deren dürrer Sänger dort für ein Posenfest abbrennt, stellt sogar Bühnenakrobaten wie Paul Smith von Maximo Park in den Schatten.
Angetrieben durch den gewohnt stampfenden und treibenden Drumming kommt Hungerhaken Donahue auf die Bühne gezappelt, als sei er beim Erklimmen der Bühne noch ausversehendlich auf ein Starkstromkabel gelastscht und als würde sich nun jeder einzelne Volt in seinen Armen und Beinen entladen.
Die von ihm ausgehende Energie leitet sich schnell auf das Publikum weiter und es bricht ein irres Tanzgewitter los - überall zucken Arme und Beine.
Nach dem flotten Anfang, welcher zum Großteil aus den Stücken des ersten Albums bestand, offenbart Donahue plötzlich, dass das Tempo nun etwas gezügelt und der melancholische Donahue auf die Bühne geholt werde.
Dieser lässt nicht lange auf sich warten und lädt direkt zur Gymnastikstunde ein - und links und recht und oben und unten und eins und zwei und drei - das entspannt und macht Lust auf mehr.
Donahue weiß das und schlupft Augenblicke später in die Rolle eines Radiosprechers - "Ladies and Gentlemen, it's time to dance again!"
Jede Bewegung zu all der guten Musik, die da von der Bühne in den schweißnaßen Pulk getrieben wird, scheint nun noch hitziger und energischer.
Nun noch eben Michael Jackson ausgepackt und dann ab von der Bühne-
Danke Alan, danke The Rakes, für ein fulluminantes Konzert im Ninkasi Kao, was diesen Abend zu Unrecht nicht ausverkauft gewesen ist.
Und falls der aktuelle Britpop irgendwann Schnee von gestern sein und die Rakes in Vergessenheit geraten sollten, braucht man sich zumindest um Donahue keine Sorgen zu machen - er wird schon durchkommen, Talent für andere Dinge hat er ja genug - und links und rechts und oben -------


-- The Rakes --


-- Donohoe in seinem Element ..

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 1. April 2007
Nische.
Lyon. Zweitgrößte Stadt Frankreichs, Industriezentrum, fußballbegeistert und vor allem - extrem wohlhabend. Gerade dieser Wohlstand wirkt sich sehr auf das Temperament der hier lebenden Städter aus - verschlossen, spießig und arrogant.
Für junge Leute aus dem Ausland oder generell von Außerhalb ist diese Haltung eine nicht wirklich optimale Vorraussetzung, um schnell an Menschen und Aktivitäten in der Lyon zu gelangen.

Wie sieht es in so einer Stadt mit einer Jugend- und Popkultur aus, die mit der aus dem nordeuropäischen Raum vergleichbar wäre und über Raggae und Hiphop hinausgeht? Steckt hinter der Fassade der vielen hübschen Häuser und Viertel mehr, als nur oberflächliches Modebewusstsein und Interesse für Geld?

Wo und wie muss man anfangen, um die Menschen zu finden, die sich von der drögen Normalität dieser Stadt abgrenzen und ihr Heil in langen Nächte, guter Musik und bedeutungsschweren Unterhaltungen suchen?

Fragen, die ich mir sehr lange gestellt und deren Antworten ich überraschenderweise auf dem Razorlightkonzert im Ninkasi Kao gefunden habe.
Dort lernte ich Sängerin Jane Kidder und das DJ-duo Viktor und Yuri kennen. Die Hauptakteure einer Subkultur die sich seit kurzem mehr und mehr in der Stadt zu etablieren versucht. Sie luden mich ein, diese andere und bessere Seite der Stadt kennen zu lernen, die sich so lange vor mir verborgen gehalten hatte - kultig, gutgelaunt und extrem aufgeschlossen gegenüber den Ideen von Außerhalb.

Eine Szene ----

Die Indieszene Lyons ist vor allem im "Vieux Lyon" und im "Croix Rousse" auffinbar, da sich dort die einzigen Lokalitäten befinden, die ihre Räume für englische Popmusik angefangen in den 70ern, bis hin zum neuesten Output, freigegeben haben.
Das Citron oder das Antidote im Vieux Lyon, und das Sonic, auf einem kleinen Boot direkt nebenan, veranstalten regelmäßig Tanzabende wie "Elasticpop" oder "Barbe à Pop", die zwar kostenlos sind, dafür aber schon bereits drei Uhr ein abruptes und viel zu frühes Ende nehmen. Dies dürfte daran liegen, dass sich maximal 40 oder 50 Leute in den kleinen Kellerräumen tummeln, was vergleichsweise recht wenig und dementsprechend vielleicht nicht gewinnbringend für die Etablissements ist.

Elastic Pop barbe à pop

Neben den Parties geben die Tanzbars auch eine Plattform für junge Bands, wie music is not fun oder Jane Kidder, die sich in ihrem Sound am Vereinigten Königreich und den Klängen von der anderen Seite des großen Teichs orientieren. Vor allem das Quartett music is not fun versucht stilistisch eine Brücke zwischen "Cool Britania" aus den 90ern und dem British New Wave Sound der letzten Jahre zu schlagen, indem es angezerrte Gitarren und groovige Schlagzeugbeats mit Keyboards synthetisiert. Was bei den Aufnahmen vor allem sofort auffällt, ist der bis ins Detail ausgearbeitete British Akzent des Schlagzeugers Luke, der seine Künste auf dem ersten Hit der Band "HP" zum besten gibt.

music is not fun

jane kidder

Etwas ruhigere und psychedelischere Töne schlägt hingegen Jane Kidder an. Nach einer englischen Ortschaft benannt gibt sich Jane, begleitet von ihrer Gitarristin Marry me, vor allem auf der Bühne als große Entertainerin, was die Musik sehr sympatisch macht. Diese ist sehr mit den Kills vergleichbar und überzeugt durch die soulige Stimme Janes.
Gemeinsam bilden die beiden Gruppen neben anderen Künstlern wie A*Song die Speerspitze des neuen Sound Lyonnais und werden dabei von dem Label "Back to Mono" und dem Plattenladen "Planet of Sound" unterstützt.
Letzterer liegt, einer Pilgerstätte gleich, etwas außerhalb von Lyon und war bereits einige male Veranstaltungsort für Showcases. Da dort neben den kostenlosen Liveeindrücken auch EPs und Buttons der Künstler erstanden werden können, ist der Plattenladen ein weiteres Szenestandbein und Medium für die Entfaltung der Musik.

back to mono logo

planet of sound


Man hilft sich also nach bester DIYmanier untereinander, macht Werbung und befruchtet diese Stadt mit allen Mitteln. Und sei es nun die Music Response, die Bands oder die Lokale - es bewegt sich und macht verdammt viel Spass!

Das unterhaltsame an diesem Kreis ist, dass Niemand aus Lyon stammt. Es sind junge und englandverliebte Franzosen aus Bordeaux und dem Norden Frankreichs, Engländer, Amerikaner, Deutsche usw. die sich aus Ablehnung und Frust über das lahme Angebot der Stadt eine Alternative gebastelt haben und diese nun jedes Wochenende zelebrieren.

Ich habe sie gesucht und gefunden, diese lose Zusammensetzung aus Menschen, die tief in dieser Stadt steckt und mit frischen Ideen eine kleine Revolution anzuzetteln versucht.

btmmenschen


---- es lebe die Alternative!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Montag, 26. März 2007
Zeitumstellung -
Oh du schöne Sommerzeit!

Endlich werden die Tage wieder länger, was aber nicht bedeutet, dass meine Nächte in Lyon deshalb unbedingt kürzer werden!
Wahrscheinlicher ist, dass mir nun jedes mal beim verlassen eines Clubs die aufgehende Sonne die Augen blenden und meine Laune noch weiter ins Unermessliche steigern wird.


Lyon im Licht einer aufgehenden Sonne --

und diese hat durch das vergangenen Wochenende an neuer Kraft gewonnen. Ich bin nun endlich wieder so enthusiastisch, wie ich es schon so lange nicht mehr gewesen bin ,und sehe zum ersten mal sehr wehmütig meinem Abreisetag entgegen.

Es kommt einfach auf die Menschen an, die man hat und braucht - ich scheine hier immer mehr diese Menschen gefunden zu haben! Kann mit ihnen rausgehen, reden und noch so vieles mehr tun -
Ich bin froh, an diesem Punkt angelangt zu sein und mich nun nicht mehr ganz als Einsiedler, sondern als Teil dieser Stadt fühlen zu können.

Das vergangene Wochenende war gut, lang und extremer, als jedes bisher erlebte und ich genieße meine unglaubliche Freiheit immer mehr - keine Konsequenzen, Verpflichtungen und Druck - nur ich und mein Tag, der gestaltet werden kann, soll und muss!
Dabei aber nicht immer etwas erwarten zu dürfen und so die Aufregung über etwas Spontanes vollkommen genießen zu können, ist eine der Lektionen, die ich hier gelernt habe -

Lyon als Klassenzimmer zu betrachten, bedeutet für mich jede der vielen Lehrstunden für mein Leben zu nutzen - und seien sie noch so hart!

ich will mehr Zeit im Ausland - ganz auf mich allein gestellt!

Die Zukunft kommt!
Aber welche!?

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 14. Januar 2007
Brett vorm Kopp
Heute machten Holger und ich uns wieder einmal auf den Weg zum RamDamgarten, um die Brettschaukel, die wir ja bereits schon einmal in klein konstruiert hatten, in einer größeren Version nachzubauen.
Irgendetwas lag da jedoch in der Luft. Vielleicht waren es irgendwelche negativen Schwingungen oder einfach nur der Wind, die den Brettern zu schaffen machten. Jedenfalls wollte es einfach nicht gelingen, das Grundgerüst für die Schaukel hochzuziehen - die Bretter kippten im Minutentakt um. Beim ersten Mal hatten wir das Stativ schon zur Hälfte fertig, als sich das linke Standbein verabschiedete. Beim zweiten Anlauf hätte Holger beinahe wieder ein Brett abgekriegt, was uns zunehmend Respekt vor den unscheinbaren Holzstücken bekommen ließ. Nach dem fünften mal Umfallen hatten wir schon fast Angst. Es war schon verrückt mitanzusehen, was ein Paar Latten mit der Psyche anrichten können.
Wir versuchten zwei Stunden lang das Gerüst zum Stehenbleiben zu bewegen, bis wir uns schließlich geschlagen gaben.
Die Bretter haben heute gesiegt -- aber diese Rechnung werden Holger und ich sicher noch begleichen.


-- Holger auf der Leiter --


-- Das Ergebnis des Tages --

... link (0 Kommentare)   ... comment


Sonntag, 24. Dezember 2006
kranke Weihnacht ---
Es ist geschafft! Ferien - endlich - wohlverdient habe ich sie mir nach dieser Woche. Eisig und lang war sie. So musste ich direkt am Montag und am Dienstag in der Garderi(Nachmittagsbetreuung) einspringen und mich bis sechs Uhr abends mit 15 Kindern rumschlagen. Anstrengung pur. Die Spuren davon standen mir schon am Mittwoch ins Gesicht geschrieben und ich reagierte mit einer Zeitverzögerung von drei Sekunden auf jede Arbeitsanweisung von Marie Luce - Gott sei Dank muss ich Mittwochs nur bis zwölf Uhr arbeiten.
Am Nachmittag stand ein Ausflug nach Lyon auf dem Plan, um die Weihnachtseinkäufe zu vollenden. Da Lyon jedoch zur Zeit auf Grund der anstehenden Festtage in der Geschäfitgkeit einem Ameisenhügel gleicht, war die ganze Unternehmung entsprechend stressig.

Über eine Internetanzeige für einen Spanischkurs habe ich die Peruanerin Lucia kennengelernt. Sie wird mir in der Zukunft zwei Stunden Spanischunterricht pro Woche geben. Bei einem ersten Kennenlernentreffen lud sie mich direkt auf eine Weihnachtsfeier ein, die am vergangenen Donnerstag stattfand. Leider vergaß sie mir zu sagen, dass es sich dabei um eine christliche Veranstaltung handelte. Aus diesem Grunde war ich nach meiner Ankunft auf der Feier ein wenig misstrauisch und wirkte während des Gottesdienstes arg Deplatziert. Da sich in dem kleinen Christenzentrum jedoch überwiegend ausländische Studenten aufhielten verwandelte sich mein Misstrauen jedoch rasch in pure Euphorie. So lernte ich an dem Abend Menschen aus Mexiko, Afrika und Asien kennen.

Ich fing mir an diesem Tag jedoch auch eine Erkältung ein, die mein Leben seit vier Tagen prägt - verstopfte Nasenlöcher, viel Schlaf und das übliche Krankheitsbefinden. Wenigstens sind jetzt Ferien, was die Kurierung sicher fördern wird. Am Freitag haben wir dann noch unseren Weihnachtsbaum aufgestellt, geschmückt und die erste kleine Bescherung unter seinen grünen Zweigen zelebriert. Archie wird Weihnachten nämlich nicht hier sein, weswegen wir ein Präweihnachten für ihn haben stattfinden lassen. Als Geschenke wurden Souveniers aus Sydney und Lyon ausgestauscht. Alles sehr schön!

... link (0 Kommentare)   ... comment


Dienstag, 12. Dezember 2006
Im All verloren gegangen.
Es ist gelandet! Das Raumschiff Muse. Hier in Lyon, Halle Toni Ganier! Der Puls rast. Sehnsüchtig in Erwartung an die ersten Takte der bevorstehenden Theatralik. Der Vorhang fällt und vor uns auf der Bühne steht dieser kleine, zerbrechliche Matthew Belamy, die Hände um das Microphon wie um das Steuer einer Raumsonde! 3. 2. 1. Los! "Take a bow" der Opener des Albums eröffnet langsam aber doch anmutig den Auftritt. Man kommt in fahrt, lässt sich gehen - aber Au, was is das?! - ein Ellenbogen in meiner Magengrube. Oh nein - das kann nicht sein. Diese kreischenden 14jährigen Teeniemädchen, die letzte Woche noch beim ausverkauften Tokio-Hotel-Konzert in der ersten Reihe standen , haben sich leider auch hierher verirrt - in diese heute Abend so heiligen Hallen. Handy in der Hand und die beste Freundin am Telefon, die wahrscheinlich gerade einen Herzinfarkt vor lauter Aufregung erleidet. Pfui - aber leider ist sie nicht die Einzige, denn neben ihr steht noch eine und noch eine und noch eine ... Muse sind einfach zu groß geworden und ziehen entsprechend eine Menge Dreck an. Kurt Cobain hätte sich dagegen gewehrt - Matthew Belamy trägt lieber ein schwarzes Tuch um den linken Arm. Vielleicht zu viel Geste!? oder doch eher passend, angesichts diesem stadiongleichen Ambiente hier in der Konzerthalle. 10000 mussten es mindestens gewesen sein mit ihren flackernden Digitalkamerabildschirmen und denPhotohandys in der Luft wirkten sie wie eine Spiegelung des an großen Leinwänden stahlenden Sternenhimmels. Wir verzeihen Herrn Mattews jedoch jeden Kitsch -spätestens bei Klassikern wie "Plug in Baby" oder "Newborn" ist man sich einig. Muse können auch rocken. Und das is auch dringend notwendig, um die gegen Ende müde wirkenden Franzosen nochmal richtig durchzuschütteln. Kurze Verschnaufpause bei meinem persönlichen Höhepunkt. Forced In - Hullabaloo B-side. Unglaublich. Einzigartig. Eine halbe Stunde später dann die erste Zugabe - Sunburn - zauberschön! Und zum krönenden Abschluss Knights of Cydonia. Mit einer Hand auf dem Herzen und der anderen zur Faust geballt in der Luft singt man gemeinsam zu den Zeilen "You and I have to fight for our rights, you and I have fight to survive" die sich meterhoch hinter der Band aufragen - Matthew Belamy hat es erkannt und schreit es heraus - "Time has come to make things change". - Amen! Wir sind entlassen. Taumeln und wundern. Das Raumschiff schließt sich und Drummer Dominic Howard hebt in der Raumkapsel ab, aus der er zwei Stunden zuvor entstiegen ist.
Muse sind gelandet - in den Köpfen und in den Herzen der vielen, vielen Zuschauer, die sich freuen durften von den drei Engländern mit auf diese Reise genommen worden zu sein. Ein Zweifel konnte trotz überzeugender Show jedoch nicht beseitigt werden: Sind Muse mit ihrem neuen Album wirklich auf dem richtigen Kurs? Konnten doch die neuen Lieder teilweise nur ein zustimmendes Nicken auslösen. Zwar sind die elektronischen Einflüsse ganz nett, nur wurde den meisten Stücken dadurch einfach zu viel Wind aus den Segeln genommen. Für die Umsetzung auf der Bühne musste übrigens ein vierter Mann ins Boot geholt werden. Dieser ziemlich uncharismatische Tourmusiker konnte einfach nicht aus dem Schatten der drei festen Mitglieder treten und hielt sich die meiste Zeit im Dunklen verborgen. Ich hoffe jedenfalls, das sich die Band auf ihrem nächsten Album vielleicht zurückbesinnt, auch wenn das wahrscheinlich eher illusorisch ist, schaut man sich den Werdegang dieser Band an.

... link (2 Kommentare)   ... comment